Manche Situationen im Leben erfordern besonders die passenden Worte in der richtigen Reihenfolge. In der Realität spricht es sich meist anders. Unzählige „Neins“ verschwinden bis zur Unkenntlichkeit in einem Geschwurbel von Ausreden. Verbesserungsideen verlieren auf dem Weg zur Aussprache sämtlichen Charme und wechseln ihren Aggregatzustand von luftig-leicht zu gefroren-eiskalt. Dann haben wir noch das Raubtier, bekannt als Ab(a)er, welches mit Leichtigkeit ein Kompliment in die kümmerliche Nichtigkeit zerreißen kann. In dieser Beitragsreihe gehen wir auf die größten Umwege in der Kommunikation ein. Heute steht die Wegstrecke auf dem Programm. Kommen wir also zum Punkt.
Viele Wege führen nach Rom besagt eine alte Weisheit. Das können wir und Sie mit Sicherheit in Bezug auf vielerlei kommunikative Situationen bestätigen. Es gibt kurze, lange, endlose oder auch abgehackte Sätze, die zum Ziel führen können. Feine Beispiele für gelungene oder auch misslungene knappe Informationsübertragung finden wir natürlich in der Werbung. Sobald sie die folgenden Worte gelesen haben werden, werden Sie wissen, von welchem Produkt die Rede ist: Nichts ist unmöglich.
Geht ins Ohr und…
Je nach Erfahrungsschatz zu diesem Produkt sind Ihnen nun gleich irgendwelche Bilder vor die Augen gekommen. Der relativ kurze Weg führte also, ob gewollt oder nicht, direkt in eine Speicherzelle. Weil das geradezu hypnotisch funktioniert, wissen wir auch, dass der Pullover nicht neu ist, sondern gewaschen und dass es etwas gibt, das macht Kinder froh, und Erwachsene ebenso.
…braucht Speicherplatz
Eine bemerkenswert lange Liste könnten wir fortführen mit sinnigen, flapsigen, kreativen oder plumpen Kreationen, die ihr Dasein in uns fristen. Es gibt einen wichtigen Punkt bei diesen Speicherungen, der für unser Thema jetzt und hier von großer Bedeutung ist: das Bild. Im Werbespot funktioniert der Transport audiovisuell. Da bekommt der Konsument die gewünschten Bilder mit den entsprechenden Emotionen direkt vor die Nase gesetzt.
Formulieren nach Beleuchtungscheck
Die Bilder, die Musik und der Text sind präzise aufeinander abgestimmt. Im Alltag und im Berufsleben kommunizieren Menschen weit weniger vorbereitet als es die Marketingabteilungen tun. Wir beobachten immer wieder die Folgen von über- oder unterversorgter Kommunikation. Je undeutlicher das Motiv im Sender ist, desto schwammiger wird das Bild beim Empfänger. Wir nehmen zum besseren Verständnis das Vorgehen eines Fotografen als Beispiel.
Ein gutes Bild ist mehr als ein Klick
Wenn das gewünschte Objekt gefunden ist, braucht es einen Fokuspunkt, die passende Beleuchtung und die richtige Blende. Überbelichtete wie unterbelichtete Fotos transportieren ein verschwommenes Motiv.
Die falsche Blende liefert unter Umständen ein vollkommen scharfes oder vollkommen verwischtes Bild. In der Kommunikation finden wir einige Parallelen. Wie der Fotograf auch, macht es der Sprecher seinem Gegenüber einfach, wenn er seinen Fokuspunkt klar vor Augen hat und mit einigen Rahmeninformationen seine Nachricht übermittelt.
Die Menge macht das Gift
Zu viele Informationen lassen den Empfänger narkotisch vom Punkt abkommen. Wie ein Foto, welches den Betrachter durch das Fehlen einer Fokusschärfe einfach überfordert. Nehmen wir zwei gegensätzliche Situationen als Beispiel. Für eine Warnung wie: „Achtung ein Auto kommt von links!“ sind weitere Informationen hinderlich.
Für die Aussage an den Kollegen: „Das Projekt Meyer ist noch nicht fertig.“ sind weitere Informationen hilfreich. Mit den wichtigen und interessanten Rahmeninformationen setzt der Sprecher sein Gegenüber ins Bild. Nehmen wir an, dass für das Projekt Meyer noch die passenden Pläne fehlen. Und nehmen wir an, dass der Kollege diese Pläne anfertigt. Dann läge der Fokus der Intension auf der Abstimmung der Vorgehensweise. Beispielsweise klingt das dann folgendermaßen: „Manfred, ich arbeite gerade an der Kostenaufstellung für das Projekt Meyer. Bei der Gesamtübersicht fiel mir auf, dass die Pläne noch fehlen. Ich will die Kosten den verschiedenen Abschnitten zuteilen. Bis wann wirst Du diese angefertigt haben?“.
Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist die Satzmelodie
Diesen Satz schmückt der Sprecher jetzt noch mit einer freundlichen Betonung. Er gibt seinem Bild damit ein ansprechendes Bouquet. Der Empfänger dieser Nachricht weiß, woher die Frage kommt und was er damit zu tun hat.
Unsere Zutatenliste: Name des Gesprächspartners, 3 Sätze Vorinformation, 1 Frage und die farbenfrohe Betonung. Wie bei einem traumhaften Foto auch, wäre die Kameraeinstellung davon kein Patentrezept für jede weitere Aufnahme.
Der Punkt ist
Gerade wenn Situationen angespannt sind und der Wellengang intensiver ist, ebnet eine klare und wertschätzende Kommunikation den Weg zur Entspannung der Lage. Dem Gesprächspartner die wichtigen Informationen zu geben, hat etwas mit Wertschätzung zu tun. Auf den „Punkt kommen“ heißt auch, dass Bandwurmsätze ohne Punkt und Komma fehl am Platz sind. Wie wichtig der Fokus bei der Kommunikation ist, lesen Sie in unserem kommenden Beitrag: Jetzt bloß nichts falsch machen – Wie sage ich was ich meine.